BGH-Urteil: FernUSG gilt auch für Business-Coachings

Am 12. Juni 2025 hat der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 109/24) entschieden:

Auch Coaching-Verträge zwischen Unternehmern können unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) fallen.

Worum ging es im konkreten Fall?

Ein Unternehmer buchte im April 2021 ein neunmonatiges Business-Mentoring-Programm bei einem Anbieter, Preis: 47.600 € brutto. Das Programm umfasste Online-Videos, regelmäßige Gruppen-Calls, zwei Einzelcoachings à 1 Stunde, Hausaufgaben und Workshops.

Laut Programmbeschreibung sollten dabei sowohl unternehmerische Fähigkeiten als auch Persönlichkeitsentwicklung vermittelt werden. Wichtiger Punkt: Die Gruppen-Calls wurden aufgezeichnet und den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.

Für das Programm lag keine ZFU-Zulassung vor. Der Unternehmer zahlte zunächst 23.800 € an. Nach sieben Wochen kündigte er, da er das Programm als unpassend empfand, und forderte die bereits gezahlten Beträge zurück. Der Anbieter verlangte wiederum Zahlung des Restbetrags.

Der Fall ging durch alle Instanzen. Der BGH bestätigte letztlich: Der Vertrag ist nichtig, weil die gesetzliche Zulassung fehlte.

Was genau hat der BGH entschieden?

Das Gericht stellte drei Dinge klar:

1. FernUSG gilt auch für Unternehmer Das FernUSG findet Anwendung unabhängig davon, ob der Vertrag mit einem Verbraucher oder einem Unternehmer geschlossen wurde. Entscheidend ist der Inhalt des Programms. Der BGH stellt ausdrücklich klar, dass der Begriff des Teilnehmers im FernUSG jede Person umfasst, die einen Fernunterrichtsvertrag abschließt – auch wenn diese Person den Vertrag zu gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken schließt. Die gesetzliche Schutzvorschrift knüpft am Vertragsgegenstand an, nicht an der Person des Vertragspartners.

2. Wann Fernunterricht vorliegt Fernunterricht liegt vor, wenn Lernziele, Online-Inhalte, Hausaufgaben und eine Art Lernerfolgskontrolle vorgesehen sind.

Besonders relevant für die Praxis – aus dem BGH-Urteil: „Dem asynchronen Unterricht sind neben den zur Verfügung gestellten Lehrvideos und den Hausaufgaben auch die zweiwöchig stattfindenden Online-Meetings zuzuordnen. Synchrone Unterrichtsanteile, die – wie hier die Online-Meetings – zusätzlich aufgezeichnet und den Teilnehmern anschließend zur Verfügung gestellt werden, sind als asynchroner Unterricht zu behandeln, weil sie zeitversetzt zu einem beliebigen Zeitpunkt angeschaut werden können und eine synchrone Teilnahme damit entbehrlich machen.“

Entscheidend ist also nicht, ob es Live-Elemente gibt, sondern ob diese auch aufgezeichnet und später verfügbar gemacht werden. Nur rein synchrone und nicht aufgezeichnete Anteile, wie z. B. Live-Workshops, spielen noch eine selbstständige Rolle.

3. Kein Wertersatz trotz erbrachter Leistungen Dem Anbieter steht selbst dann kein Wertersatz zu, wenn der Kunde bereits Leistungen in Anspruch genommen hat – es sei denn, der Anbieter kann konkrete Werte und ersparte Aufwendungen nachweisen.

Warum ist das Urteil für Anbieter so relevant?

Viele Coaching-Anbieter arbeiten bislang mit der Annahme, dass ihre B2B-Angebote nicht unter das FernUSG fallen. Das ist nun höchstrichterlich widerlegt. Wer Online-Programme mit typischem Lern- und Schulungscharakter anbietet, braucht eine ZFU-Zulassung – sonst drohen Rückforderungsansprüche.

Was heißt das für Unternehmer, die solche Angebote nutzen? Auch Unternehmer können sich auf das FernUSG berufen und ihr Geld zurückverlangen, wenn das Programm eigentlich zulassungspflichtig gewesen wäre.

Es spielt keine Rolle, ob bereits Leistungen erbracht wurden oder nicht.

Was sollten Anbieter jetzt konkret tun?

Erstens: Angebote genau prüfen lassen. Enthält dein Programm strukturierte Lerninhalte, festgelegte Lernziele, Hausaufgaben, Feedback-Schleifen oder regelmäßige Calls, könnte es zulassungspflichtig sein.

Zweitens: Eine ZFU-Zulassung in Betracht ziehen oder die Struktur des Programms anpassen, wenn eine Zulassung nicht infrage kommt.

Drittens: Verträge, AGB und Werbematerialien überarbeiten, damit Klarheit herrscht.

Was ist in Zukunft zu erwarten?

Das Thema wird Coaching-Anbieter und juristische Berater weiter beschäftigen. Es ist damit zu rechnen, dass weitere Urteile folgen und die Abgrenzung zwischen Coaching, Beratung und Fernunterricht weiter geschärft wird. Anbieter sollten die Entwicklung beobachten und frühzeitig rechtlich reagieren.

Mein Fazit Das BGH-Urteil vom 12. Juni 2025 (Az. III ZR 109/24) schafft Klarheit: Auch Business-Coachings können Fernunterricht sein. Anbieter und Teilnehmer sollten ihre Verträge und Angebote jetzt sorgfältig prüfen.

Wenn du unsicher bist, ob dein Angebot betroffen ist, oder ob du Rückforderungsansprüche geltend machen kannst, melde dich gern für meine ZFU-Sprechstunde: www.nicoleschuett.com/buchung

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